3D-Inspektion im Sekundentakt
Für anspruchsvolle Inspektionsaufgaben, wie die 100-Prozent-Inline-Prüfung elektrischer Steckverbindungen, kommen vermehrt hochauflösende optische Messmittel zum Einsatz. So werden insbesondere die bis dahin nur aus dem Laborbereich bekannten Weißlicht-Interferometer direkt in Produktionslinien eingesetzt.
Ein neuartiges Industrie-Weißlicht-Interferometer (WLI) von Heliotis, Luzern/Schweiz, vereint laut Hersteller Genauigkeit und Schnelligkeit in einem robusten 3D-Sensor und zeichnet sich durch universelle Einsatzmöglichkeiten aus. Das Industrie-WLI basiert auf dem genauesten optischen Messverfahren – der Interferometrie – und einem ultraschnellen CMOS-Bildsensor mit integrierter Signalverarbeitung, einer Eigenentwicklung des Herstellers.
Zu den typischen Prüfaufgaben zählt die Vermessung elektrischer Steckverbindungen. Dabei sind die XY-Position der einzelnen Pin-Spitzen (Taumelkreisprüfung), deren Z-Position (Setztiefe) sowie die Maßhaltigkeit insgesamt zu prüfen. Diese Aufgaben weisen grundsätzlich alle denselben Charakter auf, d.h. die Position muss in allen drei Dimensionen (XYZ) relativ zu den Referenzen vermessen und bewertet werden.
Welche Herausforderungen es bei der Prüfung von Steckverbindern gibt
Hinter dieser vermeintlich einfachen Aufgabe verbergen sich zahlreiche praktische Herausforderungen. So stellen die spiegelnden Pin-Spitzen viele optische Messmittel vor unüberwindbare Probleme, da meist deren Dynamikbereich nicht ausreicht. Ferner entstehen bei allen auf Triangulation basierenden Messmethoden deutliche Abschattungen, wodurch tiefe Kavitäten nur teilweise erfasst werden können. Auch erschweren die in der Produktionslinie vorhandenen mechanischen Schwingungen den Einsatz hochsensibler Sensorik. Zudem schränken die zunehmend engeren Toleranzen die Wahl des Messmittels deutlich ein.
Welchen Einfluss die Toleranzen auf die Wahl des Messmittels haben
Diverse nationale und internationale Normen fordern einen Eignungsnachweis bei der Auswahl des geeigneten Messmittels. Dieser Nachweis muss unter Verwendung statistischer Verfahren geführt werden. Dabei ist nicht die weitverbreitete goldene Regel der Messtechnik gemeint, wonach die Unsicherheit eines Messgeräts ein Zehntel der Toleranz nicht überschreiten soll. Diese ist längst überholt, so der Hersteller.
Heutzutage gilt ein Messmittel als fähig, wenn das Verhältnis zwischen einem Prozentsatz der Toleranz und der durch das Messmittel verursachten Streuung einen zuvor spezifizierten Wert erfüllt. Das Berechnungsverfahren wird je nach Unternehmen unterschiedlich festgelegt. Beispielsweise wird nach dem Bosch-Verfahren 20 Prozent der Toleranz (T) im Verhältnis zur sechsfachen Standardabweichung (σ) gerechnet (vgl. Cg ). Die Standardabweichung wird hierbei aus mindestens 25 Wiederholmessungen ermittelt. Als fähig gelten Messmittel mit einem Cg-Wert ≥ 1,33.

Durch Umformen der obenstehenden Formel lässt sich durch Angabe der Toleranz somit die zulässige Standardabweichung errechnen, welche für den Messtechniker als Grundlage für die Machbarkeitsprüfung dient (vgl. σzul ):

Nach dem Bosch-Verfahren wäre die zulässige Standardabweichung bei einer Toleranz von 0,2 mm demnach 0,005 mm bzw. um den Faktor 40 (!) kleiner. Herkömmliche Messmittel erreichen in der Praxis diese Präzision (entgegen Datenblattangaben) nicht, erklärt der Hersteller. Für interferometrische Messmittel stellen derartige Genauigkeiten dagegen kein Problem dar.
Das Industrie-WLI überwindet nach Herstellerangaben alle praktischen Hürden bei der Inspektion elektrischer Steckverbindungen. Dank hoher Messdynamik meistert es selbst die stärksten Reflexionen. Da die Messung senkrecht zur Oberfläche erfolgt, treten nach Firmenangaben keine Verdeckungen/Abschattungen auf. Auch bleibt die vertikale Auflösung in schmalen und tiefen Kavitäten vollumfänglich erhalten. Durch Integration von Bildsensor und Signalverarbeitung in einen CMOS-Chip lassen sich äußerst hohe Bildraten erzielen und selbst vibrierende Oberflächen noch interferometrisch genau erfassen, erklärt der Hersteller.
Mit der Überführung dieser Labor- messtechnik in die Produktionslinie können bis dahin nur qualitativ lösbare Prüfungen durch quantitative Prüfprozesse ersetzt werden. Dies hat den Vorteil, dass die Messdaten direkt an den Regel-/Steuerprozess übergeben werden können.
Das Industrie-WLI bietet eine wartungsarme, einfache Integration in Produktions- und Prüfanlagen. Die mitgelieferten Schnittstellen zur Anwendungsprogrammierung wie C++, Halcon, LabView und Phyton erlauben eine Anbindung an bestehende Bildverarbeitungslösungen.
Theo Bruelhart